Hochzeitsfieber bei den MacGregors by Nora Roberts
Autor:Nora Roberts [Roberts, Nora]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 9783641120702
Google: FS40AgAAQBAJ
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-12-15T23:00:00+00:00
16. KAPITEL
Der Wind war kalt, die Schneeflocken wirbelten durch die Luft. Begleitet von dem gleichmäßigen Rauschen des Verkehrs gingen sie zum Fluss hinunter. Die Straßenlaternen brannten, die Weihnachtsbeleuchtung glitzerte. An einer Ecke stand ein Weihnachtsmann und läutete monoton seine Glocke, während die Fußgänger an ihm vorüberhasteten.
Weihnachten ist eine Zeit für Kinder, für Familien, für Geheimnisse und Überraschungen, dachte Gwen. Aber für das Schicksal – sofern man an das Schicksal glaubte – war eine Jahreszeit wie die andere.
»Man darf es nicht an sich heranlassen«, sagte Gwen nach einer Weile. Ihre Hände waren so kalt und so müde. Sie steckte sie in die Manteltaschen, statt sich die Mühe zu machen, ihre Handschuhe anzuziehen. »Wenn man es tut, kommt man ins Rutschen und fängt an, an sich selbst, seinen Instinkten und seinen Fähigkeiten zu zweifeln. Und dann ist man beim nächsten Patienten nicht mehr konzentriert. Man darf es nicht an sich heranlassen. Ich weiß das.«
»Aber wenn man es nicht an sich heranlässt, verliert man seine Menschlichkeit und damit die Fähigkeit, beim nächsten Mal zu kämpfen, um den nächsten Patienten zu kämpfen.«
»Es ist eine Gratwanderung«, murmelte Gwen. »Egal, wie sehr man sich auch bemüht, immer schnurstracks geradeaus zu laufen, irgendwann kommt der Punkt, wo man zu schwanken beginnt.« Sie blieb stehen und schaute über das Wasser.
Sie liebte diesen Ort, diese Stadt mit ihrem ungesunden Verkehr, ihren hübschen alten Gebäuden, den anmutigen Wasserwegen. Sie liebte ihre Geschichte und ihren Stolz. Aber im Moment fand sie keinen Trost in ihr. Die Stadt war Teil einer Welt, die kalt und grausam sein konnte.
»Ich wollte ihn nicht verlieren. Obwohl ich in dem Moment, als ich sah, wie schwer er verletzt war, wusste, dass er nicht mehr zu retten war. Aber manchmal geschieht ein Wunder. Und manchmal eben nicht.«
Sie schloss die Augen, dankbar dafür, dass Branson nichts sagte, offensichtlich, weil er verstand, dass sie sich auf irgendeine Art und Weise Erleichterung verschaffen musste. »Ich kann es aushalten. Ich kann die unregelmäßigen Arbeitszeiten, den Stress, den Druck aushalten. Ich wollte es so. Ich bin darauf trainiert. Ich kann den Papierkram aushalten, die Bürokratie. Die unflätigen Patienten, die Drogenabhängigen und die verhinderten Selbstmörder. Ich kann die verschwendeten Leben aushalten. Man sieht so viele, dass man schon fast aufhört, es überhaupt zu registrieren. Und dann, plötzlich …«
Ihre Stimme bebte, und sie presste sich die Finger auf die Augenlider. »Er war erst zwölf Jahre alt.«
Jetzt ergriff er das Wort und sagte das Einzige, was es zu sagen gab. »Du hast alles getan, was du konntest.«
»Das scheint keine Rolle zu spielen, wenn es nicht genug ist.«
»Du weißt es besser.« Er legte ihr die Hand unters Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich herum. Er konnte an nichts anderes denken als an sie, während er beobachtete, wie sich aus diesen lavendelblauen Augen eine Träne löste und über ihre Wange rollte. »Wie viele Leben hast du heute, diese Woche, dieses Jahr schon gerettet?«
»Ich weiß, dass ich Menschen, die Schmerzen oder gesundheitliche Probleme haben, in den meisten Fällen helfen kann.«
»Und du tust es auch«, sagte er ruhig. »Was immer es dich auch kosten mag, du tust es.
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